Muss der TTC Langweid nach Abgang seiner Punktegarantin die Aufstiegsträume begraben? Noch grüßt der TTC Langweid von der Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Nach dem 6:1-Heimsieg gegen die DJK Offenburg haben die Tischtennis-Frauen 11:5 Punkte auf dem Konto. Nur die beiden Aufsteiger MTV Engelbostel-Schulenburg, der bisher in allen drei Spielen ungeschlagen geblieben ist, und DJK Sportbund Stuttgart (2) haben weniger Minuspunkte aufzuweisen. Die Planungen, den Aufstieg in die erste Bundesliga zu schaffen, dürften allerdings durcheinandergewirbelt werden, denn Veronika Matiunina, eine der wichtigsten Spielerinnen, wird Langweid in der Winterpause zum amtierenden Deutschen Meister Weinheim verlassen.
„Das war zu erwarten. Aber nicht jetzt. Für sie wäre es evtl. besser gewesen, den Rest der Runde bei uns im vorderen Paarkreuz zu spielen, anstatt dort hinten. Aber Weinheim hat meines Wissens dringend jemand gebraucht“, kommentiert TTC-Vorsitzender Alfons Biller den bevorstehenden Wechsel von Veronika Matiunina. „Sportlich ein großer Verlust“, sagt Biller über die TTC-Topspielerin, die er als „Einzelsportmensch“ bezeichnet. In Langweid hat man vollstes Verständnis, dass sie diese Herausforderung annimmt.
Überragende Erfolge auf internationaler Ebene hatten die Konkurrenz schon längst auf die 18-Jährige aufmerksam gemacht, die vor einem Jahr als 17-Jährige Europameisterin der U21 wurde und bei den diesjährigen Europameisterschaften der U19 im tschechischen Ostrava mit dem Titel im Mixed und drei Finalteilnahmen im Einzel, im Doppel und mit der ukrainischen Nationalmannschaft die erfolgreichste Spielerin war. Und das, obwohl sie im Einzel durch eine Niederlage gegen Anna Hursy ihren Titel nicht verteidigen konnte. Beim Sieg der Ukraine gegen Deutschland war Veronika Matiunina mit Siegen in ihren zwei Einzeln hauptverantwortlich für das Ausscheiden des favorisierten deutschen Teams.
Die mehrfache ukrainische Jugendmeisterin spielt seit 2023 in Langweid, kam damals vom TSV Schwabhausen II. Sie war vor dem Krieg aus ihrer Heimat geflohen, lebte zunächst in München im Internat und stand unter Betreuung des Jugendamtes. Im Nachwuchszentrum des Bayerischen Tischtennis-Verbandes trainierte sie mit ihrer Mentorin Krisztina Toth, die als Spielerin am letzten deutschen Meistertitel der Langweiderinnen beteiligt war. Bereits als Fünfjährige hat Viktoria Matiunina in ihrer Heimatstadt Severodonetsk mit dem Tischtennis begonnen. „Mein Papa ist auch Tischtennis-Spieler“, verriet sie in fließendem Deutsch, dass sie zunächst gar keine Lust gehabt hat, weil sie diesen Druck nicht wollte. „Ich habe die Basics in Deutsch drei Jahre in der Schule gelernt und mich dann mit einer App weitergebildet“, lacht die kecke 18-Jährige. Ein paar Jahre später sei sie dann nach Kiew in ein Internat umgezogen, um bessere Trainingsmöglichkeiten zu haben. Mit Erfolg.
Druck ist Veronika Matiunina mittlerweile gewohnt. Beim TTC Langweid ist sie die Punktegarantin. 10:1 lautet ihre bisherige Saisonbilanz. Auch beim 6:1 gegen die DJK Offenburg erwies sie sich als Bank, gewann beide Einzel und zusammen mit Ting Yang das Doppel, während Melanie Merk und Vitalija Venckute das 1:1 zulassen mussten. Nach der 3:1-Führung konnte man vom Sieg ausgehen. Spannend verlief vor allem das Einzel von Yang Ting gegen Anja Farladanska. Am Ende gewann die Chinesin gegen die starke Ex-Langweiderin im Entscheidungssatz. Im Duell der Ukrainerinnen setzte sich Matiunina gegen Farladanska in drei Sätzen durch. Immer stärker präsentierten sich im hinteren Paarkreuz Vitalija Venckute und Melanie Merk, die jeweils einen Sieg beisteuerten.
Muss der TTC Langweid nach dem Abgang von Veronika Matiunina nun seine Aufstiegsträume begraben? „Wir müssen sehen, ob wir jemanden kriegen, wenn wir vorne dabeibleiben wollen. Das ist jedoch nicht so einfach“, hat Alfons Biller schon Kontakte aufgenommen. Die beiden jungen Slowakinnen Sara Habarova und Vanda Vanisova seien noch nicht stark genug für die zweite Bundesliga. „Das ist doch eine Nummer zu groß“, verweist Biller auf die beiden Niederlagen in Engelbostel-Schulenburg und Tostedt. Gut, dass man mit der Hongkong-Chinesin Hoi Man Karen Lee und Andelija Ratic noch zwei Asse im Ärmel hat. Bezüglich des weiteren Saisonverlaufes hält es Alfons Biller mit Franz Beckenbauer: „Schau mer mal.“
Oliver Reiser, Augsburger Allgemeine

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